Welche Softwareentwickler sind gemeint?
Ich gebe zu, dieser Artikel richtet sich nicht an alle Softwareentwickler. Wenn du ein Entwickler in einem großen Team bist, und dich ausschließlich um die Softwareentwicklung kümmern möchtest, ist der Artikel nichts für dich.
Wenn du in einem kleinen Unternehmen arbeitest, oder sogar ein eigenes Produkt entwickelst, erfährst du hier, wieso frühzeitige Kenntnisse über Marketing, ausschlaggebend sind.
Niemand interessiert sich für die Technologie
Am Ende des Tages entwickeln wir Software, die von Nutzern benutzt wird (hoffentlich).
Seien wir mal ehrlich, den Benutzer interessiert es nicht, ob die Software mit Rust, Java, Python oder JavaScript entwickelt wurde. Ihn interessiert noch weniger, ob eine Webseite auf WordPress, Ghost oder Django Basis basiert. Der Nutzer wird intuitiv eine Bewertung über Benutzerfreundlichkeit, Performance und eventuell Design treffen. Wie man zu diesem Ergebnis kommt, bleibt den Entwicklern überlassen.
Sicherlich sind einige Sprachen, Frameworks und Libs besser geeignet, um gewisse Ziele zu erreichen, als andere. Doch bevor du den Fehler machst und ein neues Framework ausprobierst, dass weder die Benutzerfreundlichkeit noch die Performance noch deine Entwicklungszeit entscheidend verbessert, lass es lieber sein. Es wird keinen nennenswerten Vorteil für den Anwender bringen.
Wenn dein Produkt erst entwickelt ist, hast du nur die Hälfte der Arbeit gemeistert.
Angenommen, du hast eine tolle Idee für ein Softwareprodukt. Voller Begeistern suchst du dir das optimale Framework und die optimalen Libs aus. Anschließend investierst du mehrere Monate, um diese zu lernen. Zudem bist du mit der neuen Technologie nicht so vertraut und machst viele Fehler und musst immer wieder Fehler beheben. Aber egal, nach einigen Monaten oder Jahren hast du die perfekte Software entwickelt.
Doch was passiert dann?
Nichts.
Du findest keine nennenswerte Menschenmenge, die deine Software nutzen möchte. Dabei gibt es die Menschen, denen deine Software viel Nutzen geben kann. Aber wie erreichst du die potenziellen Nutzer? Du stellst fest, dass es Aufwand bedeutet Nutzer/Kunden zu gewinnen. Dieser Aufwand ist häufig teurer als der Nutzen für dich. Enttäuscht wirst du das Projekt auf Eis legen, bis es im Nirwana verschwunden ist.
Der hier beschrieben Ablauf ist kein Einzelfall, sondern einer der häufigsten Gründe, wieso Entwickler keinen Erfolg mit privaten Projekten haben. Ich bin da keine Ausnahme, schon mehrere meiner Projekte haben genau diesen Verlauf durchlebt und sind jetzt tot.
Softwareentwickler sind arrogant
Ich denke, einer der Gründe dafür, für das Scheitern an der Vermarktung eigener Projekte, liegt in einer Ursache.
Zu viele Softwareentwickler sind arrogant und haben eine hohe Meinung von sich selbst. Das hat zur Folge, dass wir Marketing und Vertriebsleute nicht genug schätzen oder Ihre Arbeit für Kinderkram halten. Gleichzeitig sind wir so sehr von unserem Produkt überzeugt, dass wir denken, die Nutzer werden die entwickelte Software aus unseren Händen reißen, weil sie ja alles übertrifft, was die Menschheit je gesehen hat.
Das wird in den seltensten Fällen passieren.
Deine potenziellen Nutzer wissen gar nicht, dass du existierst. Und wenn Sie mal ein Problem haben und nach einer Lösung suchen, werden sie von allen möglichen Informationen erschlagen, die nur im entferntesten Sinne mit ihrem Problem zu tun haben. Dein Produkt wird nicht einmal auf der Bildfläche erscheinen.
“Kein Problem” sagst du dir und denkst. “Was die Marketing-Fuzzis können, kann ich schon lange”. Das Problem ist nur, die entwickelten Marketing Strategien und Ideen, gehen in den seltensten Fällen so auf, wie man es sich vorgestellt hat. Und das gilt sowohl für die Anfänger als auch für erfahrene Marketer.
In Wirklichkeit siehst du ein, dass fast jeder Versuch viel Zeit, viel Geld oder beides kostet. Denn Marketing funktioniert in etwa so, als wenn du Software entwickelst. Doch jedes Mal, wenn du im Entwicklungsprozess einen Fehler verursacht, musst du einen echten Geldbetrag zahlen. Hinzukommt, dass in der echten Welt keine Rahmenbedingungen existieren, die einer Programmiersprache oder Framework entsprechen. Es kann also sein, dass du alles richtig gemacht hast, Zeit und Geld in deine Marketingkampagnen gesteckt hast. Und plötzlich kommt Corona oder ein Krieg um die Ecke und nimmt die volle Aufmerksamkeit deiner Nutzer für sich in Anspruch.
Das ist die Realität, mit dem Marketingleute zu tun haben, die von einigen Entwicklern belächelt werden.
Wie macht man es besser macht
Erst spät habe ich mich dazu überwunden, ein Buch über Marketing zu lesen. Das Buch, das meinen Blick auf den Entwicklungsprozess geändert hat, heißt Traction: How Any Startup Can Achieve Explosive Customer Growth.
Einer der wichtigsten Lektionen, die ich für mich aus dem Buch gezogen habe, ist, dass ich bei allen meinen zukünftigen Projekten das Thema Marketing noch vor dem Start der Entwicklung angehe.
Marketing muss entwickelt werden, genauso wie auch die Software entwickelt werden muss. Der Unterschied ist, dass Marketing durch sehr viel Probieren und Testen in der realen Welt entwickelt wird. Marketing ist ein fortlaufender Prozess aus
- Thesen aufstellen
- Metriken erstellen
- am Markt evaluieren
Statt direkt mit der Entwicklung der Software zu starten, kann man Konkurrenzprodukte mit einem Affiliate Programm aussuchen und anfangen, diese zu bewerben. Sobald die richtigen Nutzer erreicht sind, hast du eine Basis gelegt, um dein anstehendes Projekt an den Nutzer zu bringen. Wenn du überzeugt bist, dass deine Software keine Konkurrenzprodukte hat, so kannst du Produkte anderer Unternehmen bewerben, die auf die gleiche Zielgruppe absehen.
Fazit
Wenn du bereits stabile Kenntnisse von Softwareentwicklung hast und zudem eigene Projektideen umsetzen möchtest, schau vorher ein wenig über den Tellerrand in Richtung Marketing. Das kann dir vor Frust und Enttäuschung vorbeugen.