Warum ich keine Freude an Tätigkeiten finde – Die Falle der Zielorientierung

Ein Mann steht vor einem trennenden Weg. Mehr Geschäft und Stabilität oder mehr Lebensfreude.

Einleitung

Warnung: Dieser Artikel ist keine Anleitung, wie man Freude an Tätigkeiten findet, sondern vielmehr die Verschriftlichung von Gedanken, die ich mir immer wieder mache.

Eigentlich geht es mir gut

Betrachte ich meine aktuelle Lebenssituation, müsste doch alles in Ordnung sein. Generell bin ich gesund, habe einen Job, der es mir ermöglicht, 30 Stunden die Woche zu arbeiten und ein Gehalt, das die Lebenshaltungskosten meiner Familie und mir deckt. Ich bin verheiratet, habe zwei Kinder und ein Eigenheim. Ich lebe in einem stabilen Land und muss mir keine großen Sorgen um die Zukunft machen.

Wo ist das Problem?

Trotz all dieser Gegebenheiten fühle ich mich häufig deprimiert. Oft muss ich mich zwingen zu arbeiten und finde keine Freude an Unternehmungen. Beim Treffen mit Freunden oder bei Ausflügen scheinen die anderen viel mehr Freude zu empfinden als ich. Für mich fühlt es sich fast gleichgültig an.

Wenn ich kurz darüber nachdenke, warum ich mich nicht freuen kann, taucht immer der Gedanke auf: „Ich kann mich nicht freuen, weil ich gezwungen bin zu arbeiten, um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren.“

Doch bei tieferer Betrachtung kann das nicht der Grund sein. Denn so lange ich mich erinnern kann, war ich unzufrieden und hatte das Gefühl, dies oder jenes zu benötigen, um zufrieden zu sein.

Kurze Vorgeschichte zu meiner Person

Die Glücksforschung sagt, dass man an seiner Zufriedenheit arbeiten kann. Wie glücklich und zufrieden man mit seinem Leben ist, hängt zu 50 % von den Genen, zu 40 % von der eigenen Einstellung und zu 10 % von den äußeren Umständen ab.

Grundschule

Als ich das zum ersten Mal las und über mein Leben nachdachte, kam ich zum Ergebnis, dass meine Gene es nicht so gut mit meinem Zufriedenheitslevel meinten. Ich erinnere mich noch heute, dass ich die Grundschule gehasst habe. Jeden Morgen besuchte ich die Schule mit schlechter Laune. In den Pausen dachte ich bereits: „Gleich wieder in den Klassenraum, dann eine weitere Pause und wieder zurück in den Klassenraum… [Seufzer]“

Weiterführende Schule

In der weiterführenden Schule wurde es tatsächlich etwas besser. Es kamen Fächer dazu, die ich interessant fand. Mathematik war nicht mehr nur stupides Wiederholen, sondern erforderte Verständnis. Physik und später Informatik kamen dazu. Meine Gesamtstimmung verbesserte sich zwar, doch im Großen und Ganzen empfand ich die Schulzeit immer noch als negativ.

In der Oberstufe setzte sich dies fort. Aber diesmal hatte ich ein Ziel vor Augen: „Wenn ich mit der Oberstufe fertig bin, kann ich das studieren, was mich interessiert. Die uninteressanten Fächer und Lehrer fallen weg. Dann werde ich bestimmt glücklicher.“

Studium

Dass die uninteressanten Fächer wegfielen, war ein Vorteil. Doch schnell merkte ich, dass die Leichtigkeit, die ich in der Schule für Mathematik, Physik und Informatik hatte, verloren gegangen war. Das Mathematikstudium wurde mehr zu einer Fleißaufgabe. Die Übungen und die Prüfungsvorbereitungen forderten immer mehr Disziplin. Die Frustration kehrte schnell zurück. Doch die nächste Ursache war schnell gefunden: Mein Privatleben. Ich brauchte eine Partnerin.

Beziehung

Noch während des Studiums lernte ich meine jetzige Frau kennen und heiratete sie kurze Zeit später. Auch wenn das für die meisten unverständlich ist, hat diese Entscheidung für mich sehr gut funktioniert. Mittlerweile habe ich zwei Kinder und bin in der Beziehung immer noch sehr zufrieden.

Leider bezieht sich diese Zufriedenheit nur auf die Beziehung und nicht auf mein ganzes Leben. Bald fand ich auch hier eine Lösung für mein Glück: Wenn ich erst einmal arbeite und mein eigenes Geld verdiene, dann hat die Arbeit wenigstens eine Motivation, die mir zugutekommt – „Einkommen“.

Arbeit

Die Arbeit verschaffte mir das erste nennenswerte Einkommen. Doch das Geld konnte ich nicht wirklich genießen. Stattdessen kamen Verpflichtungen dazu, wie ein Auto. Mit dem ersten Kind kam bald auch der Wunsch nach einer etwas größeren Wohnung und später einem Eigenheim, der „gestillt“ werden musste.

Doch schon in meiner Anfangszeit als Angestellter kam die Idee auf, ein eigenes Produkt zu entwickeln. Dieses eigene Produkt sollte mir schneller zu finanzieller Unabhängigkeit verhelfen. Mit der finanziellen Unabhängigkeit, so dachte ich damals, würde ich komplett frei in meiner Entscheidungsfreiheit werden, was ich den Tag über mache. Das wiederum sollte mich glücklich machen.

Wenn der Traum von der Selbstständigkeit nicht aufgeht

Seit der Idee der finanziellen Unabhängigkeit sind mittlerweile 14 Jahre vergangen. Ich weiß nicht, wie mein Leben verlaufen wäre, hätte ich dieses Ziel nie gehabt. Doch rückblickend fällt es mir schwer zu glauben, dass ich die richtige Einstellung und Herangehensweise zu diesem Thema hatte.

Rückblickend habe ich 14 Jahre lang immer wieder versucht, Ideen zu Projekten und Projekte zu profitablen Produkten zu entwickeln. Es sind 12 registrierte Domainnamen und noch viel mehr Ideen entstanden, die ich angefangen und wieder eingestellt habe. Die Tatsache, dass es nach so langer Zeit immer noch nicht geklappt hat, ist sehr deprimierend.

Immer wieder stelle ich mir die Frage, ob ich nicht hätte lernen sollen, das Leben zu genießen und im Hier und Jetzt zu leben. Denn das habe ich nie getan. Ich habe immer nur versucht, Dinge zu erreichen, die ich noch nicht hatte.

Ich höre immer wieder von Business-Influencern, die meinen, dass man mit genug Fleiß alles erreichen kann. Lieber ein paar Jahre hart arbeiten und dann von den Früchten leben, statt ein Leben lang im Hamsterrad zu sein. Leider gehöre ich nicht zu denen, bei denen das so aufgegangen ist. Die Statistik der gescheiterten Unternehmen sagt auch, dass ich keine Ausnahme sein dürfte.

Ist man wirklich glücklich, wenn man keine Pflichten hat?

Ich weiß also nicht, wie es ist, das Ziel der finanziellen Unabhängigkeit zu erreichen. Doch langsam aber sicher kommen mir erhebliche Zweifel. Denn wenn ich auf mein Leben zurückblicke, sehe ich, dass ich schon immer gehofft habe, dass mich das Erreichen eines Ziels glücklich machen wird. Es hat es nie getan. Warum sollte es bei der finanziellen Unabhängigkeit anders sein?

Bin ich depressiv?

Oft frage ich mich, ob ich an einer Form von dauerhafter Depression leide. Denn meine Grundstimmung war mein Leben lang eher mittelmäßig bis deprimierend. In einem Artikel aus der Glücksforschung habe ich gelesen, dass das subjektive Glücksempfinden zu 50 % von unseren Genen, zu 40 % von unserer eigenen Haltung und zu 10 % von den äußeren Umständen abhängt.

Da ich schon als Kind eher schlecht gelaunt war, vermute ich, dass ich nicht so viel Glück mit meinen Genen hatte. Doch fälschlicherweise habe ich immer versucht, meine Zufriedenheit in den 10 % der äußeren Umstände zu finden.

Was nun?

Ich denke, es ist Zeit für mich, an meiner Haltung zu meiner eigenen Stimmung zu arbeiten. Zu lernen, zu akzeptieren, dass diese negative Stimmung auch ein Teil von mir ist. Wenn ich das erst akzeptiert habe und nicht mehr versuche, meine Stimmung durch äußere Einflüsse wie Geld zu verbessern, dann kann ich auch anfangen, Dinge zu tun, weil ich sie tun möchte, und nicht, weil ich mir einen Profit daraus erhoffe.

Dazu zähle ich unter anderem meinen Blog und diesen Artikel hier. Ich stelle fest, dass das Schreiben für mich wohltuend ist. Es hilft mir, Gedanken zu sortieren, zu durchdenken und auch loszulassen, sobald ich sie aufgeschrieben habe.

Wie ist es bei dir?

Dem Spruch zufolge „Die Dummen lernen durch eigene Fehler, die Intelligenten durch die Fehler anderer und die Weisen durch Beobachtung“ interessiert mich, ob ich der einzige Dumme bin, der fast sein ganzes Leben lang Zielen hinterhergejagt ist, die mich schlussendlich auch nicht glücklich gemacht haben.

Warst du auch in einer ähnlichen Situation? Wie bist du aus diesem Weg ausgebrochen? Was hast du für dich gefunden, um dein Leben zu bereichern?

Ich bin mir ziemlich sicher, es gibt den einen oder anderen Menschen, der deine Geschichte als inspirierend empfinden wird. Wenn ich Glück habe, hilft dein Beispiel sogar mir. Daher schreibe gerne deine Version und lass es mich in den Kommentaren wissen.

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Allgemein

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert